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Die Renaissance einer Sportart

Volleyball boomt in der Pfalz. Auch ohne besondere förderliche Erfolge der deutsche. Nationalteams erleben die Vereine in der Süd- und Vorderpfalz zur Zeit einen starken Zulauf von Kindern und Jugendlichen. Ein erfreulicher Trend, den die meisten Vereine ohne „besonders hohen Aufwand“ erfahren, der die Verantwortlichen auf Vereins- und Verbandsebene aber auch vor Herausforderungen stellt.

„Wir haben in den letzten 3-4 Jahren pfalzweit eine stark steigende Anzahl an Jungs und Mädchen, die sich für Volleyball begeistern und in die Vereine strömen.“ berichtet Rainer Strohbach, Präsident des Volleyballverbands Rheinland-Pfalz und des Volleyballverbands Pfalz in Personalunion. Aus der Breite heraus sieht der Funktionär auch die Chance, besonders talentierte Spielerinnen und Spieler so zu fördern, dass diese auch überregional erfolgreich werden können. „Wir brauchen auch die Breite, um in der Spitze erfolgreich sein zu können und vielleicht auch künftig wieder mehr Talente in die Jugend-Nationalkader zu bringen.“ lautet Strohbachs aktuelles Motto.

Dominik Betsch, Volleyball-Abteilungsleiter bei der Turnerschaft Germersheim und Strohbachs Stellvertreter auf Pfalzebene erlebt einen Zulauf auch aus umliegenden Gemeinden. „Selbst Kinder von der anderen Rheinseite kommen aktuell zu uns. Unsere recht gute organisatorische und trainingstechnische Ausstattung und Hallenkapazitäten haben unseren guten Ruf dabei wohl verstärkt.“ Betsch kann sich den Zulauf nur halbwegs erklären, vor allem weil er auch in der Pandemie hoch war. Viele Kids berichten ihm auch, dass die japanische Manga-Serie Haikyu Lust auf Volleyball gemacht hat und die Kids deswegen diesen Sport erlernen wollen.

Svenja Taschinski, Vorsitzende des VBC Ludwigshafen, hat ihrem Verein, in den 80er Jahren immerhin Zweitligist bei Damen und Herren, wieder Leben eingehaucht.“Bei uns sind viele Aktive unterschiedlichster Herkunft zusammen auf dem Feld, so dass man fast schon von einer Weltauswahl sprechen kann. Wir legen viel Wert darauf, das Miteinander den Kids von Anfang an zu vermitteln, egal aus welchem Land oder aus welchem sozialen Umfeld jemand kommt.“ Ludwigshafen kann man derzeit als Vorzeigeverein beim Thema Integration anführen.

Stefan Kos, Vorsitzender des VBC Haßloch und Heinz Fischer, Abteilungsleiter Volleyball beim TSV. Speyer, sind zwei Volleyball-Urgesteine in der Pfälzer Volleyballszene. Beide erleben in ihren Vereinen einen ähnlichen Aufschwung sowohl bei Jungs und Mädchen, so dass nicht nur die Zahl der Jugendteams steigt, sondern auch die Mannschaftsmeldungen bei den Aktiven, denn die Talente sollen dort Erfahrungen sammeln. Beide sehen auch die jeweilige Beachanlage als Vorteil. „Unsere Beachvolleyball-Nacht ist jedes Jahr ein Ereignis und lockt auch junge Leute zu uns, die dann auch mal hängen bleiben“ ist Kos stolz auf dieses besondere Event. Sein Speyerer Pendant Fischer sieht noch einen speziellen Vorteil in seinem Verein: „Durch unsere Herren in der 3. Liga können wir bei Heimspielen Ballkinder einsetzen. Die Kids reißen sich förmlich darum. So binden wir auch die Kinder und binden die Aktiven dann auch immer mal wieder in den Trainingseinheiten der Kids ein.“ So berichtete Fischers jüngstes Enkelkind kürzlich freudestrahlend davon, dass sie nach einem Drittligaspiel noch ein paar Bälle mit einem der Spieler pritschen und baggern durfte.

Der TuS Heiligenstein hat sich in den letzten Jahren durch das Engagement vieler Eltern, die früher selbst höherklassig aktiv waren, wieder als Leistungsstützpunkt im Damen- und Mädchenbereich entwickelt. Neben Teilnahme an Deutschen Jugendmeisterschaften in der Halle und im Beachvolleyball stieg man vor der Saison mit der 1. Damenmannschaft in die Regionalliga auf. Für Trainer Eric Palenczat war das hohe Engagement der Trainer und Eltern entscheidend, als man 2009 durchgestartet ist. Mittlerweile gelingt es dem Verein gut, auch die eigene Jugend frühzeitig als Trainer für die Jüngsten einzubinden. Palenczat sieht vor allem an Spieltagen Probleme mit Hallenkapazitäten. So musste man in der laufenden Saison bereits für die Regionalliga einmal nach Mundenheim ausweichen. Für einen breiten Mix in den Teams würde sich der Trainer tatsächlich mehr Internationalität wünschen. „Das wäre schön, wenn wir mehr Nationen bei uns hätten, aber wir wissen natürlich dass wir das nicht selbst steuern können.“

Stefan Fußer, Abteilungsleiter Volleyball beim TV1861 im ASV Landau, hat als Aktiver und Abteilungsleiter selbst die letzte Hochphase im Herrenbereich erlebt. Nach einem Rückgang vor allem bei den Herren, erlebt auch er wieder einen guten Zulauf in den letzen 1 bis 1,5 Jahren bei den Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren, bei denen die Mädchen etwas in der Mehrheit sind. Aus Fußers Sicht ist der Wunsch der Kids aber auch der Eltern nach gemeinsamer sportlich-aktiver Zeit – vor allem durch die Pandemie und deren Folgen bedingt – der Hauptgrund für das verstärkte Interesse am Volleyballsport. Dass man dann auch mehr Teams in der U14 und auch in der Kreis- und Anfängerliga an den Start bringen konnte. Etwas länger als den aktuellen Zulauf stellt der Landauer Volleyball-Chef schon eine zunehmende Internationalität fest, weil auch Kinder mit ausländischem Pass sehr gerne in die Trainingseinheiten kommen und sich dem Verein angeschlossen haben.
All das führt auch in Landau zu organisatorischen Problemen, die man aber bisher doch immer wieder lösen konnte. So haben sich laut Fußer die Trainerposten doch immer irgendwie durch ältere Jugendliche oder volleyballaffine Eltern besetzen lassen. Und auch die Hallenkapazitäten lassen derzeit noch geordnete Trainingseinheiten zu, auch wenn man vor allem in den Anfängergruppen auf 2 Feldern trainiert und dort oft 2-3 Trainer zeitgleich anwesend sind.

Ein wichtiger Aspekt wird in allen Vereinen gelebt: Toleranz! Von der aktuellen Kriegssituation in der Ukraine merkt man in den Sporthallen nichts. So unterstützen in den betroffenen Vereinen russischsprachige Aktive neue Spielerinnen und Spieler aus der Ukraine und übersetzen auch im Training. Auf dieses hohe Engagement und den Zusammenhalt legen alle Volleyballer großen Wert.

Egal, wie groß der Zulauf in den Volleyballvereinen in Vorder- und Südpfalz auch ist, sehen alle Verantwortlichen die gleichen einhergehenden Herausforderungen. Je mehr Kinder in die Hallen kommen, desto eher stößt man an die Grenzen mit den Hallenkapazitäten und muss vereinsintern aber auch mit den Verwaltungen vor Ort planen, ob und wie Optimierungen überhaupt noch möglich sind. Die zweite große Problematik ist die Trainersituation. Je mehr Kids ins Training kommen, desto mehr Trainer und Helfer werden in den Vereinen benötigt. Daher setzen alle Vereine darauf, auch die Jugendlichen im Teenageralter frühzeitig in die Trainerausbildung zu schicken und in der Betreuung der Jüngsten im Grundschulalter einzubinden. So entsteht altersübergreifend ein Zusammenhalt, der die Zukunft des Pfälzer Volleyballs sichern kann und soll.

(Verfasser: Alexander Zinser)